FASTENZEIT

Der stressgeplagte Manager wird kurz vor dem Herzinfarkt vom Arzt zum Urlaub auf den Bauernhof geschickt – das soll seine Nerven beruhigen. Er muss Kartoffeln sortieren – die kleinen in den rechten, die großen in den linken Korb. Der aber läuft nach drei Tagen zum Arzt: „Ich bin am Ende!“ – „Wieso? Sie haben doch Ruhe und leichte Arbeit?“ –„Ja, aber immer diese dauernden Entscheidungen!“ Das ist zum Schmunzeln. Es erinnert uns aber an den Ernst des Lebens. Und dazu gehören Entscheidungen. Die können auf die Nerven gehen. Sie betreffen unsere Einstellung zum Leben und zum Glauben: Was ist mir wichtig? Wofür kämpfe ich? Was lasse ich? Um wen kümmere ich mich? Wie leide ich? In Deutschland dürfen wir so viel entscheiden. Wir müssen es aber auch! Was ich wo warum wann einkaufe. Wie ich mich einrichte. Wie ich meine Freizeit verbringe. Wo ich hingehe und wovon ich wegbleibe. Unsere digitale Werbe- und Konsumwelt möchte uns Entscheidungen aufdrängen: für ihr Produkt, für diesen Film, für jenen Urlaub. Unbewusst denken und glauben wir tatsächlich: Das brauch ich. Das will ich. Das hat man halt. Man muss kein Kapitalismusgegner sein um zu erkennen: Es geht um immer mehr und immer besser. Nur so funktioniert Wirtschaftswachstum. Aber wollen wir das alles? Brauchen wir das alles? Das braucht Zeit, verlangt Entscheidung, kostet Geld, macht krank und schadet der Schöpfung. Da hilft die Fastenzeit: Sie hilft, unsere Entscheidungen zu beleuchten. Wie kommen meine Entscheidungen zustande? Woran nehme ich Maß? Wo entscheide ich überhaupt noch und wo lasse ich entscheiden?

In die Fastenzeit fällt das Oster-Licht. Nur darum macht Fastenzeit Sinn. Ostern sagt: Jesus lebt. Gott hat ihn auferweckt. Der Mensch ist frei. Ich bleibe Gottes geliebtes Kind. Das durchleuchtet meine Entscheidungen: Was brauche ich als freier Mensch? Was nicht? Was brauche ich als geliebtes Kind Gottes? Was nicht? Wie will ich leben, wenn Gott mit mir lebt? Gebe es unser Wille und Gott selbst: Meine notwendigen und richtigen Entscheidungen zu erkennen und sie zu fällen. Und dazu zu stehen. Mir hilft, an einer Entscheidungssituation anzusetzen, die mich besonders belastet: Wer sich z.B. stresst, weil er alles gleich ernst nimmt und allen alles machen will: Wer oder was verdient wirklich meine Aufmerksamkeit? Wie setze ich das um? Ich praktiziere das sog. „Gebet der liebenden Aufmerksamkeit“. Ich konzentriere mich auf das Atmen. Dann auf den vergangenen Tag. Auf Christus. Oft bin ich unkonzentriert und schweife ab. Gerade darum bleib ich bei der Entscheidung, das weiter zu üben bis ich zufrieden bin. Das genügt. Ostern kann kommen.

(WB)